Skorpion Zucht – Fachgerechte Haltung und erfolgreiche Nachzucht von Skorpionen
Paarung und Nachwuchs
Die Paarung von Skorpionen stellt ein faszinierendes Naturschauspiel dar. Für eine erfolgreiche Fortpflanzung sind einige wesentliche Faktoren zu berücksichtigen. Skorpione paaren sich in der Regel nur, wenn jahreszeitliche Klimaveränderungen ihre Paarungsbereitschaft stimulieren. Dazu zählen insbesondere Temperaturrückgänge während der Wintermonate sowie bei tropischen Arten eine erhöhte Luftfeuchtigkeit, die mit Beginn der Regenzeit einhergeht.
Ein adultes, paarungsbereites Männchen legt in der Natur innerhalb einer Nacht bis zu einem Kilometer zurück, um den Bau eines Weibchens aufzusuchen. Häufig ist dies jedoch nicht erforderlich, da Skorpione meist eine hohe Populationsdichte aufweisen und somit nur wenige Meter zurücklegen müssen, um eine Partnerin zu finden. Nach der Adulthäutung werden männliche Skorpione unruhig und durchstreifen nachts ihr Terrarium auf der Suche nach einer geeigneten Partnerin. Befindet sich ein geschlechtsreifes, paarungswilliges Weibchen in der Nähe, wird das Männchen durch Sexualduftstoffe auf sie aufmerksam und folgt der Duftspur direkt zu ihrem Unterschlupf. Das Erreichen des Weibchen entscheidet oft innerhalb weniger Sekunden über Leben und Tod des Männchens. Anders als bei Vogelspinnen wird das Männchen jedoch meist nicht als Beute betrachtet und verspeist, sondern gelegentlich getötet. Ist das Weibchen paarungsbereit, beginnt das Männchen unverzüglich mit der Balz und dem sogenannten Paarungstanz. Dabei hält es das Weibchen mit seinen Pedipalpen (Scheren) fest und führt tanzartige Bewegungen mit ihm aus (siehe Videogalerie). Die Skorpione bewegen sich „Hand in Hand“ vorwärts, rückwärts sowie seitwärts, bis das Männchen einen geeigneten Platz findet, um seine Spermatophoren an einem Untergrund zu befestigen.
Nach der Anheftung zieht das Männchen das Weibchen über die Spermatophore, welche das Sperma enthält. Das Weibchen öffnet in der Nähe der Spermatophore ihre Geschlechtsöffnung und nimmt das freigesetzte Sperma mittels eines Hebelmechanismus, der durch das Überstreichen des Weibchens ausgelöst wird, in ihre Ovarien auf. Während des Paarungstanzes kann es gelegentlich zu Stichen in Rücken oder Bauch kommen (insbesondere bei Androctonus-Arten). Diese erfolgen nicht mit Tötungsabsicht, sondern dienen der sexuellen Stimulation des Partners. Nach der Paarung trennen sich die Geschlechter in der Regel rasch, wobei das Männchen meist die Flucht ergreift.
Die Tragzeit variiert je nach Art zwischen etwa 3 und 8 Monaten, beispielsweise bei den meisten Buthiden, bis hin zu 2 bis 3 Jahren, wie beim Pantinus imperator („Kaiserskorpion“), wobei letztere Dauer meist nur unter ungünstigen klimatischen Bedingungen oder unzureichendem Nahrungsangebot auftritt. Je nach Art werden mehr oder weniger entwickelte Jungtiere geboren, die unmittelbar nach der Geburt auf den Rücken der Mutter klettern. Die Mutter verteidigt ihre Nachkommen gegen potenzielle Feinde, da die Jungtiere bis dahin noch nicht in der Lage sind, eigenständig Nahrung aufzunehmen. Die Jungtiere verbleiben bis kurz nach der ersten Häutung ins zweite Instar (auch 1. Fresshaut genannt) auf dem Rücken der Mutter und verlassen diesen Schutz meist 4 bis 5 Tage nach der Häutung. Bei sehr sozialen Arten und ausreichendem Platz- sowie Futterangebot können die Jungtiere im Terrarium der adulten Artgenossen verbleiben, ohne dass es zu größeren Verlusten kommt. Bei weniger sozialen oder stark kannibalistischen Arten müssen die Jungtiere ab diesem Zeitpunkt einzeln in kleinen Behältnissen aufgezogen werden.
Zur Aufzucht empfiehlt es sich, das Weibchen einige Tage vor der Geburt in ein separates, bereits vorbereitetes Terrarium umzusetzen. Dabei ist darauf zu achten, dass das Weibchen durch den Stress nicht beginnt, ihre eigenen Jungtiere zu fressen. Da sich Jungtiere häufig auch gegenseitig angreifen, sollten diese wie beschrieben einzeln in kleinen Behältnissen gehalten werden. Die Fütterung erfolgt zwei- bis dreimal wöchentlich mit entsprechend großen Futtertieren; bei giftigeren Arten kann das Futter auch größer als die Jungtiere selbst sein. Besonders Hottentotta-Arten erlegen verhältnismäßig große Beutetiere. Die Jungtiere zeigen meist einen ausgeprägten Appetit, was vorteilhaft ist, da dies ihr Wachstum durch einen beschleunigten Stoffwechsel fördert.
Gruppentiere
Die Paarung vieler Skorpionarten gestaltet sich einfacher als häufig angenommen. Bei Arten, die in sozialen Gruppen von mindestens zwei bis drei Tieren (natürlich unterschiedlichen Geschlechts, z. B. Centruroides, Lychas oder Pantinus) gehalten werden können, ist als Halter kaum weiteres Zutun erforderlich. Die Natur regelt hier den Nachwuchs selbstständig. Dennoch sollten bei allen Arten verschiedene Temperaturzonen zur Verfügung stehen, eine ausreichende Fütterung gewährleistet sein und geeignete Plätze (z. B. ein Seil oder ein Korkstück) bereitgestellt werden, an denen das Männchen seine Spermatophore anheften kann, um das Weibchen darüber zu ziehen.
Einzelgänger
Bei Arten, die außerhalb der Paarungszeit einzeln gehalten werden sollten oder müssen, gestaltet sich die Zucht etwas anspruchsvoller. Es ist essenziell, dass beide Geschlechtspartner tatsächlich paarungsbereit sind. Um dies beim Männchen zu testen, entnimmt man etwas Substrat aus dem Terrarium des Weibchens und gibt es in das des Männchens. Beginnt dieser daraufhin, unermüdlich im Terrarium umherzulaufen, kann man von seiner Paarungsbereitschaft ausgehen. Beim Weibchen ist eine solche Testmethode nicht möglich, sodass die Paarung oft auf „gut Glück“ versucht werden muss.
Zeigt das Weibchen bereits beim Einsetzen des Männchens eine ausgeprägte Aggressivität, sollte das Männchen umgehend entfernt und ein späterer Versuch unternommen werden. Scheitert dies mehrfach, empfiehlt es sich, die Geschlechterzugehörigkeit nochmals zu überprüfen. Ist diese zweifelsfrei bestätigt und gelingt die Paarung dennoch nicht, sollte man versuchen, die Partner langsam aneinander zu gewöhnen. Hierzu eignet sich ein Terrarium oder Aquarium, das durch ein feinmaschiges Gitter getrennt ist, welches bis zum Boden reicht, um ein Untergraben zu verhindern. Das Männchen wird auf die eine, das Weibchen auf die andere Seite gesetzt, sodass sie sich durch Gerüche und Bewegungen kennenlernen können. Reagieren sie beim Kontakt am Gitter nicht mehr aggressiv, kann das Gitter vorsichtig entfernt werden. Dabei ist äußerste Vorsicht geboten, um Stress zu vermeiden, da die Tiere sonst erneut aggressiv reagieren könnten. Manche Tiere lassen sich jedoch nicht aneinander gewöhnen, sodass ein anderer Partner gesucht und das Verfahren von vorn begonnen werden muss. Mit Geduld gelingt in der Regel eine erfolgreiche Nachzucht.
Parthenogenese
Es existieren zudem Skorpionarten, die obligat parthenogenetisch sind. Das bedeutet, dass nur ein Geschlecht existiert oder sich weibliche Tiere ohne männliche Artgenossen fortpflanzen können. Beispiele hierfür sind Tityus serrulatus, Tityus stigmurus, Hottentotta hottentotta, Hottentotta caboverdensis und weitere Arten. Die Zucht dieser Arten gestaltet sich in der Regel unkompliziert, sofern folgende Bedingungen beachtet werden.
Diese Tiere benötigen für eine erfolgreiche Fortpflanzung einen ausgeprägten jahreszeitlichen Klimawandel, was eine Überwinterung voraussetzt. Die Temperaturen müssen über etwa drei Monate um circa 8 bis 10 °C abgesenkt werden, während gleichzeitig eine Regenzeit simuliert wird, indem die Luftfeuchtigkeit erhöht wird. Nach erfolgreichem Abschluss dieser Phase kann die Temperatur wieder auf die gewohnten Normalwerte angehoben werden, wobei den Tieren wärmere Plätze als üblich zur Verfügung stehen sollten. Die Luftfeuchtigkeit wird ebenfalls wieder normalisiert. Nach etwa zwei Monaten ist meist erkennbar, dass das Tier (immer ein Weibchen) trächtig ist. Nach weiteren zwei Monaten kann man sich auf einen Nachwuchs von etwa 20 Jungtieren freuen, die alle Schwestern sind.
Auch hier sollten die Jungtiere nach der Häutung ins Instar 2 einzeln in kleinen Behältnissen aufgezogen werden, da sie sonst sehr wahrscheinlich von der Mutter gefressen werden.
Ist die Paarung erfolgreich verlaufen, kann man sich je nach Art bald auf Nachwuchs freuen. Aufgrund der geringen Größe der Jungtiere ist es ratsam, diese zunächst nicht im Terrarium zu halten, da sie dort leicht verloren gehen könnten. Zur Aufzucht verwende ich daher Heimchendosen oder später größere Kunststoffbehälter, die sich hervorragend eignen und wenig Platz beanspruchen.